Am 20. April 2023 veranstalteten Melanie Mbah, Regina Rhodius und Bettina Brohmann (alle Öko-Institut e.V.) einen digitalen Reflexionsworkshop zur Themenlinie 4 „Neue Formate“. In einem zweistündigen Workshop-Format wurden die Ergebnisse zu den Charakteristika der untersuchten fünf innovativen Formate der transdisziplinären Forschung sowie Kriterien zur Auswahl des passenden Formats je nach Kontext, Zielstellung und Wirkungsabsicht vorgestellt und mit ca. 50 Teilnehmenden diskutiert.
Ziel des Online-Workshops war es, die Ergebnisse der Themenlinie zur Recherche und Analyse neuer Formate in der TD- Forschung zu präsentieren. Daneben sollte gemeinsam mit den Teilnehmenden diskutiert werden, ob die identifizierten Charakteristika mit den Forschungs- und Praxiserfahrungen der Teilnehmenden korrespondieren und welche möglichen Anpassungserfordernisse aus unterschiedlichen Anwendungskontexten erwachsen. Neben Fragen und Anforderungen, die aus unterschiedlichen Handlungsfeldern und Erfahrungskontexten entstehen könnten, sollte auch ein Blick auf die Generierung von Wirkungen geworfen werden.
Nach der Begrüßung durch Regina Rhodius wurden die Themen und der Ablauf des Workshops eingeführt durch Melanie Mbah und Bettina Brohmann. Zusätzlich zu den bisherigen Ergebnissen zu innovativen Formaten wurden auch die Ziele und das Vorgehen der Themenlinie noch einmal dargestellt. Im Vordergrund stand zu analysieren, unter welchen Bedingungen sich welcher methodische Ansatz eignet oder welche methodischen Einzelelemente passend sind, um integriert die erwartete Qualität von Prozessen und Ergebnissen erreichen zu können. Als innovative Formate wurden hier die folgenden fünf Formate genauer analysiert: Reallabore, kunstbasierte Ansätze, Transmente, 10 Steps und Theory of Change. Die Formate wurden auf Basis einer umfangreichen zweistufigen Literaturrecherche ausgewählt und eingeordnet. All diese Formate verbindet, dass sie eine intensive Kollaboration zwischen Forschenden und Praxisakteur*innen ermöglichen, über mindestens zwei Phasen des transdisziplinären Forschungsprozesses reichen und unterschiedliche Methoden in den einzelnen Phasen miteinander kombinieren.
Die Ergebnisse zu den Formaten wurden im Workshop anhand von Beispielanwendungen illustriert. Zudem wurde auf neue Quellen und aktuelle Literatur hingewiesen.
Um ausgewählte Aspekte vertiefen zu können, wurde danach in einer Kleingruppenrunde anhand folgender Fragen diskutiert:
Welche Formate haben mich besonders angesprochen und warum?
G1: Wonach beurteile ich, ob ein Format für die Rahmenbedingungen meines Projekts passt?
G2: Wie würde ich das Format an meinen Projektkontext anpassen?
G3: Wie finde ich das richtige Format bzw. die richtige Formatkombination für meine Ziele?
Ein erster – exemplarischer – Überblick über die Ergebnisse der Gruppendiskussionen (siehe Abb. 1-3) zeigt, dass einerseits großes Interesse am Einsatz innovativer Formate besteht, andererseits aber hinsichtlich der Komplexität die Sorge formuliert wird, ob und wie man solche Formate mit den Praxisakteuren angemessen „einfädelt“ (G3). Die Teilnehmenden zeigten besonders hohes Interesse an den künstlerischen Formaten – als einem sehr offenen und vielgestaltigen Vorgehen – als auch an den 10 Steps mit ihrer klaren und vorgegebenen Struktur. Die künstlerischen Formate wurden als Türöffner eingeschätzt (G2), wobei sie zugleich auch als „ernsthaftes“ Vorgehen Anerkennung finden sollen (G3). Allen gezeigten Formaten gemeinsam sei die Notwendigkeit einer großen Offenheit – sich auf das Format einzulassen (G2) – bei gleichzeitiger Experimentierfreude der Beteiligten als Grundvoraussetzung. Eine schrittweise, iterative Vorgehensweise von den Teilnehmenden wurde dabei als notwendig angesehen (G3). In diesem Zusammenhang wurde gleichzeitig auf die Nichtpassung von Forschungsförderung hingewiesen (G3). Als weitere Herausforderung wird die Zielsetzung eines konkreten Prozesses angesprochen, d.h. ob beispielsweise die Umsetzung einer Maßnahme oder nur die Sammlung von Ideen ein Projektziel ist (G1). Auch die Zielgruppe selbst, wie zufällige Öffentlichkeit oder ausgewählte Personen, spielten bei der Auswahl von Format und Methoden eine wichtige Rolle: Man wolle Kreativität wecken, doch zugleich stellt sich die Frage, wie offen die Beteiligten im konkreten Fall seien (G1). Dabei wird auch als Erfahrung konstatiert, dass die Akteure der Praxis häufig die Erwartung einer „pfannenfertigen“ Lösung für das methodische Vorgehen hätten und neue – unbekannte Formate – daher auch Irritationen auslösen könnten (G2). Wissenschaftler*innen sollten hier wiederum offen kommunizieren, dass auch für sie das Vorgehen neu und experimentell ist. Für die Anpassung an den Projektkontext werden die Erfahrungen der Praxispartner*innen fundamental wichtig und Wissenschaft sollte hier auch Rollenklarheit haben (G2).
Abbildung 1: Concept-Board Gruppe 1
Quelle: Illustration aus dem Workshop
Abbildung 2: Concept-Board Gruppe 2
Quelle: Illustration aus dem Workshop.
Abbildung 3: Concept-Bord Gruppe 3
Quelle: Illustration aus dem Workshop.
Ein anschließendes Gespräch zwischen den „Formatemacher*innen“ Sabine Hoffmann (ToC, eawag – für Theory of Change) und Daniel Hoernemann (Innehaltestellen / Zukunft: Kunst – für künstlerische Formate) zeigte Gemeinsamkeiten: Für beide – im Grunde sehr unterschiedliche – Formate sind jeweils die Bereitschaft zur Mitarbeit der Beteiligten und der Kontext gleichermaßen essentiell. Während Theory of Change einerseits einem festen Repertoire möglicher Methodenkombinationen folgt, können künstlerische Formate stark variieren und sich auf die räumlichen und zeitlichen Bedingungen methodisch stärker einlassen.
Eine kurze Einschätzung über die Anforderungen der Wirkungserfassung in unterschiedlichen Formaten gab Martina Schäfer (ZTG/TUBerlin, tdAcademy). Aus ihrer Perspektive sei die Wirkungsanalyse in den jeweiligen Formaten unterschiedlich gut möglich und verankert. Während bei einigen Formaten die gemeinsame Reflexion bereits explizit angelegt ist (wie bei Theory of Change), müssten entsprechende Haltepunkte und Ziele bei anderen Formaten zunächst gemeinsam entwickelt und festgelegt werden (wie im Reallabor).
Die Ergebnisse des Workshops fließen in die weitere Bearbeitung der Themenlinie sowie die Synthesearbeiten in der Verlängerungsphase des tdAcademy-Projekts ein und unterstützen die Ergänzungen von Steckbriefen und Formate-Beschreibungen sowie die Diskussion um Einsatzbedingungen und Wirkung.